Am Vorabend des 30. Septembers feierten die Juden Rosch Haschana, ihr Neujahrsfest. Ihr Kalender schreibt jetzt das Jahr 5780.

Nach zehn Tagen der Buße begann heute Abend der Versöhnungstag. Es ist der höchste Festtag im Judentum. Das ganze Land legt eine Pause ein: Es fahren keine Autos oder öffentliche Verkehrsmittel, der Flughafen, alle Geschäfte, Schulen und Büros sind geschlossen. Die Juden fasten an diesem Tag, vermeiden unnötiges Waschen und tragen keine Lederschuhe.

Ich lief völlig fasziniert allein um die gesamte Stadtmauer. An vielen Stellen war es menschenleer und überall herrschte große Stille in dieser sonst so lauten und wuseligen Stadt.

Am Zions Tor betrat ich die Altstadt und im jüdischen Viertel war das Leben plötzlich wieder im vollen Gange. Die jüdischen Familien kamen gerade aus der Hurva Synagoge. Männer, Frauen und Kinder trugen feine, weiße Gewänder. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung auf den Plätzen. Die Kinder kletterten um die Glaskuppel der goldene Menorah und spielten auf den Stufen zur Synagoge.
Weiter ging’s zur Klagemauer! Schon von weitem sah ich ein Meer von in weiß gekleideten Menschen. Wie ich später erfuhr, ist es der Kittel, das letzte Hemd, das Totenhemd. Die Farbe Weiss symbolisiert Reinheit als auch Heiligkeit.

Viele Juden waren in ihr Gebet versunken. Andere sangen Klagelieder. Einige saßen im Kreis und diskutierten lebhaft miteinander. Ein paar schliefen, erschöpft vom Beten und Fasten.

Dem Schabbat der Schabatte