
Mehr als die Hälfte meiner Zeit in Israel ist nun schon vorbei. Im September packte ich meinen Koffer aus und trug bis November meine leichten Sommerkleider. Es war staubig und trocken, alle wünschten sich Regen herbei. Mitte Dezember goss es endlich in Strömen und wir müssen uns nun warm anziehen. Ich freue mich über das Grün, was plötzlich überall spriesst und gedeiht.

Bevor ich meinen Koffer Anfang Mai wieder packen werde, denke ich an die Alltäglichkeiten, die mir in Jerusalem inzwischen sehr vertraut sind. Die Rufe des Muezzin, die Shabbat Sirene, die vielen Synagogen und Moscheen überall , das schwarze Meer der Ultraorthodoxen auf den Straßen, das koschere Essen, Gebetsteppiche, muslimische Frauen mit Hidschab, die Kippa als Kopfbedeckung der jüdischen Männer.


Mittendrin in der Altstadt, unmittelbar südlich der Grabeskirche, befindet sich die Erlöserkirche. Hier feiert die evangelische Gemeinde zu Jerusalem ihren Gottesdienst in deutscher Sprache. Auch die arabischsprachige und die englischsprachige Gemeinde der Evangelisch-lutherischen Kirche in Jordanien und dem Heiligen Land trifft sich hier.
Der Bischof in Jordanien Sani Ibrahim Azar, der sechs Palästinensische Gemeinden auch im Westjordanland betreut, antwortete auf die Frage “Wollen Sie Muslime zu Christen machen?” mit den Worten “Nein. Ich möchte Muslime zu Freunden von Christen machen.” Eine solche Antwort setzt die Bereitschaft voraus, selber zu einem Freund der Muslime zu werden.
Ich wünschte, ich könnte arabisch sprechen. Ich wohne und arbeite in Ost Jerusalem, wo vorwiegend Palästinenser leben. Im Gemüseladen, auf der Straße, im Bus…überall treffe ich auf freundliche und hilfsbereite Menschen, mit denen ich gerne ins Gespräch käme. Die Infrastruktur im arabischen Teil der Stadt ist schlecht. Bei Regen fällt der Strom aus, die Wasserleitungen verstopfen leicht, die Busse sind alt. Die israelische Stadtverwaltung müsste sich kümmern, sie haben die Verwaltungshoheit. Ganz anders in West Jerusalem! Hier lebt es sich deutlich komfortabler. Ich entdecke den mir aus Hamburg vertrauten Lebensstandard wieder. So genieße ich es, mich in der Jaffa Street in ein Straßencafé zu setzen oder im Russian compound in eine Bar zu gehen. Und auch hier wünschte ich mir, ich könnte mich auf Hebräisch verständlich machen und mit meinem jüdischen Tischnachbarn ins Gespräch kommen. Glücklicherweise klappt das zumindest auf Englisch und einige sprechen auch Deutsch.
Meine Zeit hier ist viel zu kurz, um ein tieferes Verständnis für Israel und Palästina und die Menschen, die hier leben, zu bekommen. Was ich mitnehmen werde, ist die Bereitschaft, ein Freund beider Seiten sein zu wollen, aufmerksam die politische Entwicklung zu verfolgen und keine schnellen Urteile zu fällen.



Ost Jerusalem und das Westjordanland
Liebe Nicole, Du hast wundervolle Worte gefunden, um uns in Hamburg die Welt, in der Du nun einige Monate leben darfst, näher zu bringen. Meine Neugier hast Du auf jeden Fall geweckt! Ich wünsche Dir weiterhin viele bereichernde Begegnungen und aufregende Erfahrungen. Und ich habe mich immer noch nicht völlig von der Vorstellung verabschiedet, Dich dort vielleicht noch zu besuchen…
Genieße die Zeit! Liebe Grüße, Carola
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Nicole, Shalom aus Neuseeland. Vorher Süd Afrika. Und jetzt durch deinen Bericht mitten in Israel. Wie schön! Wort und Bild brachten mich in dieses besondere Land. Freute mich von dir zu hören! Dein Aushilfecappucinozauberer in der Erlöserkirche. Hans-Peter mit herzlichem Shalom!
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